Aktuelle Produkt-Entwicklungen und Praxisberichte
Stuttgart 21; eines der größten Bahnbauprojekte, die es in Deutschland seit langem gegeben hat. Als Teil des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm umfasst es die Neuordnung des Stuttgarter Bahnknotens mit vier neuen Bahnhöfen und rund 57 Kilometern neuer Strecke. Das Herzstück ist die Umwandlung des bislang bestehenden Stuttgarter Kopfbahnhofes in einen leistungsfähigen Durchgangsbahnhof. Ein komplexes Projekt, das eine enorme logistische Leistung darstellt und dessen einzelne Arbeitsschritte exakt bis ins Detail geplant und umgesetzt werden müssen, um die einzelnen Aufgaben so effizient wie möglich zu erfüllen.
Wir konnten uns von einer dieser im Vergleich „kleinen“ Lösungen mit erstaunlich großer Wirkung überzeugen. Das Unternehmen Bickhardt Bau hat im Bauabschnitt „Zwischenangriff Nord“, der Zuführung Feuerbach und Bad Cannstatt, die Aufgabe übernommen, das anfallende Erdmaterial aus den beiden Tunnelröhren weiter zu transportieren. Insgesamt sind 80 Mitarbeiter direkt vor Ort beschäftigt. Das Unternehmen wird hierbei durch die mobilen Wiegesysteme von Trimble unterstützt.
Mit dabei waren vom Ausrüster Trimble Frau Sylvie Leiss, Steffen Wilde und Joachim Bog. Herr Thomas Scheer von Bickhardt Bau führte uns über die Baustelle. Herr Stefan Däubler als Vertreter der DB Projekt erläuterte uns die einzelnen Zusammenhänge.
Die Kernaufgabe von Bickhardt Bau ist der Ab- bzw. Weitertransport des aus den Tunneln per Kran geförderten Erdmaterials und wird mit Baggern bzw. Radladern von Doosan und KOMATSU entweder direkt in bereitstehende Büchsen (speziell gefertigte Mulden) bzw. in LKW verladen, die das Material dann zu den bereitstehenden Zügen zum Abtransport durch die DB befördern. Insgesamt wird hier Material von 6 verschiedenen Baustellen bewegt.
Wesentlich ist die genaue Einhaltung des Gesamtladegewichtes des Zuges von 1440 Tonnen, eine Überladung ist grundsätzlich zu vermeiden. Jede einzelne Büchse wird mit 25 - 26 Tonnen beladen. Damit die Gewichte optimal eingehalten werden, werden die mobilen Bagger- und Radladerwaagen der Baureihen X2350 und 2180 von Trimble eingesetzt. Diese ermöglichen die genaue Einhaltung der Gewichte direkt beim Verladen. Insgesamt werden pro Tag 5 komplette Züge mit jeweils 20 Waggons und 40 Büchsen beladen.
Die Wiegesysteme können sowohl direkt ab Werk beim Hersteller vorab installiert als auch nachträglich montiert werden und sind auf allen Baggern bzw. Radladern einsetzbar. Die Wiegesysteme müssen lediglich kalibriert werden und sind anschließend sofort einsetzbar. Die Messtoleranzen betragen max. 3 % bei Baggern und 1 % bei Radladern. Hier auf der Baustelle auf Stuttgart 21 beträgt die Toleranz gesamt max. 1 %. Jeder Wiegevorgang wird durch ein Display im Fahrerhaus angezeigt, welches die Daten von den einzelnen Sensoren empfängt und das Gewicht errechnet. Zur Dokumentation kann ein Drucker mit installiert und hier auf der Baustelle zum Wiegenachweis für die DB herangezogen werden.
Der Vorteil der Wiegesysteme und der Grund, weshalb sich Bickhardt Bau letzten Endes für Trimble entschieden hat, liegen darin, dass der Wiegevorgang dynamisch erfolgt. Laut Aussage des Herstellers ist es das einzige System am Markt, das es ermöglicht, ohne Unterbrechung des Arbeitsablaufes bzw. Verladevorganges zu wiegen. Der Maschinenführer kann seinen gewohnten, flüssigen Bedienvorgang weiter durchführen. Dadurch ist es möglich, die Arbeitseffizienz nicht nur zu erhalten, sondern deutlich zu steigern. Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt, dass die erforderlichen Ladegewichte dauerhaft eingehalten werden und schnellstmögliches Verladen sichergestellt ist. Per WLAN, Funk oder GPRS-Modem können die Wiegesysteme an bestehende Material-Management-Systeme angebunden werden. Die Datenübertragung kann von jedem Ort der Welt erfolgen. Durch die Datenkommunikation wird es ermöglicht, relevante Dokumentationen zu erstellen und ein effektives Reportingsystem aufzubauen.
Beim Einsatz auf der Stuttgarter Baustelle dient das System nicht nur dem Nachweis der verladenen und transportierten Materialmenge, sondern dient auch dem Schutz vor eventuellen Regressansprüchen der DB gegenüber dem Verladeunternehmen, wenn Schäden an den Zügen durch Überladung entstehen würden.
Die Aushubarbeiten in diesem Teilabschnitt des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm sind auf 8 Jahre angelegt. In dieser Zeit werden insgesamt 20 Millionen Tonnen Material bewegt, alleine auf diesem Teilabschnitt wird sich die Menge auf ca. 8 Millionen Tonnen belaufen. Dies entspricht ca. 320.000 verwogenen Büchsen auf annähernd 8.000 exakt beladenen Zügen und unzählbaren einzelnen Wiegevorgängen.
Fotos und Text: Bernd Mayr, Michael Schulte vom TREFFPUNKT BAU
Abdruck mit freundlicher Genehmigung TREFFPUNKT BAU